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Monats-Archive: März 2015

Chansonabend der Gesangsklasse von Agota Sticht in der Kulturfabrik

Von Reiner Henn

Der Chansonabend der Gesangsklasse der Kreismusikschule Kaiserslautern holte am Samstag internationales Flair von drei Kulturmetropolen in die Kulturfabrik Linden. Die musikalische Leiterin Agota Sticht hatte zunächst Klangbeispiele des französischen Chansons gruppiert, die beispielsweise die Champs-Élysées besingen oder von Stadtvierteln wie Montparnasse handeln. Motive der Städte auf einer Leinwand sorgten für die nötige Einstimmung.

Mit dem Chanson der Kinder von Montparnasse schlug die große Stunde der jüngsten Nachwuchssängerin Lilly Jung, die mit natürlicher, entwaffnender Unbekümmertheit und melodischem Liebreiz die Herzen im Sturm eroberte. Wie sie wirkten auch die Sängerinnen Elisabeth Neigel, Lisa Wolf und Juliana Kassel mit diesem französischen Genre im Tonfall bestens vertraut und überzeugten durch gute stimmliche Disposition. Allen gemeinsam war, dass ihre Vorträge akribisch vorbereitet wirkten. Neben der soliden Stimmführung gefielen die passenden Kostüme von Lisa Wolf sowie die – in Ansätzen zu erkennende – gute szenische Ausdeutung und die Bühnenpräsenz. Stimmlich fielen intonatorische Reinkultur, klare Aussprache und adäquate Deklamation auf.

Einen Höhe- und Schlusspunkt erfuhr der französische Vortragsblock durch die sehr ansprechende Interpretation des Klarinettisten und Saxophonisten Manfred Pfeifer. Dieser gefiel auf der Klarinette zunächst mit dem gekonnt im Tonfall getroffenen Jazz-Standard „Petite fleur“ von Sidney Bechet. Hier setzte er in der Art des legendären Hugo Strasser auf einen lebhaft vibrierenden Ton, durchsetzt mit einigen Umspielungen und Glissandowirkungen.

An dieser Stelle ist auch eine Laudatio für den alles absolut souverän und präzis wie stilsicher gestaltenden Pianisten Joachim Pallmann fällig. Er folgte sensibel dem Atem der Sänger, dem Pulsschlag der Instrumentalmusik und gestaltete mal klassisch, mal jazzig in bestechend spielerischer Genauigkeit.

Die Reise von Montmartre und Seine-Metropole zum Broadway eröffnete Andreas Neigel mit John Kanders Evergreen „New York“, das er nach anfänglichem Einhören zunehmend sicherer und in der lebhaft pulsierenden Melodik angemessen gestaltete.

Das Duett mit Melissa Düzgün und Adrian Kiefaber traf genau den Tonfall des 1958 durch die Everly Brothers auf den Musikmarkt gebrachten Titels „All I have to do is dream“. Zwei hoffnungsvolle Stimmen verschmolzen zu betörendem Wohllaut. Und wieder gewann ein Themenblock durch die Überzeugungskraft von Manfred Pfeifer, der hier auf dem Tenor-Saxophon eine eigene Version von Gershwins „Summertime“ mit improvisatorischen Wendungen über dem gängigen Chorus beisteuerte.

Damit waren die Koffer gepackt für die Rückreise über den großen Teich nach Berlin: „Ich habe noch einen Koffer in Berlin“ – ein legendärer Erfolgstitel von Marlene Dietrich – war bei Adrian Kiefaber jetzt auch solistisch angemessen gestaltet zu hören. Mit den „Ruins of Berlin“ von Friedrich Hollaender erinnerte Elisabeth Neigel an die Zeit der glamourösen Marlene Dietrich, was ihr in dieser zwingenden Darstellung bestens gelang.

Fazit: Ob solistisch oder im Duett und Ensemble, vokal oder instrumental, die Vortragsfolge dieser Gesangsklasse überzeugte durch den stilistisch nahtlosen Sprung durch Gattungen und Genres und durch darstellerisch gekonntes Rollenspiel. Das sehr zahlreich erschienene Publikum hatte seine helle Freude.

Quelle: PFÄLZISCHE VOLKSZEITUNG, Kreis Kaiserslautern / Service, 16.03.2015